Zuerst mal einige Fakten zum Rennen:
Bei seiner zweiten Teilnahme am weltweit härtesten Qualifikations-Rennen für das RAAM überraschte Andreas Dengler die gesamte Konkurrenz mit seinem ungebrochenen Durchhaltevermögen und der sensationellen Fahrleistung.
Am 3. August um 12Uhr stellten sich beim Start in Trinec 15 Teilnehmer bei strahlendem Sonnenschein und 22°C der Herausforderung. Die einzelnen Teilnehmer wurden in 3 Minuten Zeitabständen auf die Strecke geschickt, um gleich von Anfang an ein Windschattenfahren zu unterbinden. Unterstützt von seinem Team, bestehend aus Zehetner Markus, Panny Christian, Korinek Reinhard und Dengler Gabi, ging Andreas als Zwölfter ins Rennen und schockierte gleich zu Beginn das gesamte Fahrerfeld mit seinem extrem hohen Anfangstempo. Innerhalb der ersten 2 Stunden rollte er mit einem Schnitt von 36 km/h bei leichtem Gegenwind gleich das gesamte Fahrerfeld von hinten auf. Einzig der vor ihm gestartete Josef Trchalik konnte in dieser Phase mit Andreas mithalten und so kam es immer wieder zum Positionswechsel zwischen den beiden Fahrern.
Doch nach ca. 3 Stunden kam das Wetter als weiterer Gegner für die Fahrer hinzu. Ein 15 stündiger Dauerregen löste die bis dahin wärmende Sonne ab und innerhalb von nur wenigen Minuten kühlte es von angenehmen 22°C auf nasskalte 14°C ab.
Diese unwirklichen Bedingungen zwangen gleich in der ersten Nacht 4 Fahrer aufgrund von Knieproblemen und Unterkühlung zur Aufgabe.
Auch an Andreas ist diese erste Nacht nicht spurlos vorüber gegangen. Bei Ihm machten sich Knieschmerzen und große Müdigkeit bemerkbar. Um 6h in der Früh, nach 475km, wurde kurzer Hand die Strategie geändert und eine einstündige Schlafpause eingelegt.
Dies verschaffte zwar den bis dahin gleich auf liegenden Josef Trchalik einen gewaltigen Vorsprung, doch das Risiko auf dem Rad von einem Sekundenschlaf überwältigt zu werden, war einfach zu groß.
Immerhin gelang es Andreas trotz dieser Pause den 2. Platz zu halten, auch wenn der Rückstand auf den Drittplatzierten Martin Kerekes (bereits 2 facher Sieger dieses Rennens) auf minimale 3 Minuten schrumpfte.
Diese 3 Minuten genügten jedoch, um Martin keinen Sichtkontakt zu Andreas zu gewähren. Solch eine Situation würde den Verfolger ungemein beflügeln und es wäre damit viel schwerer ihn wieder auf Distanz zu halten.
Mit diesem taktischen Vorteil gelang es schliesslich den Abstand zum Drittplatzierten bis zur Wende in Skalna bei 625km auf 15 Minuten auszubauen.
Nach einer 50 minütigen Pause, in der sich Andreas von dem dort ansässigen Radclub kulinarisch verwöhnen lies und sein Betreuerteam eine wärmende Dusche vergönnt war, ging es um 13:45 frisch gestärkt und mit Sonnenschein in die zweite Hälfte des Rennens.
Andreas wusste bereits vom Vorjahr, dass dieses Rennen erst in dieser Phase richtig beginnt und die zweite Nacht rennentscheidend sein würde.
Doch am späten Nachmittag griff das Wetter wieder einmal in das Renngeschehen ein. Ein Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen überflutete die Strassen und reduzierte die Sicht beinahe auf Null. Dennoch entschied Andreas die Fahrt fortzusetzen, obwohl jedes vorbeifahrende Fahrzeug eine rießige Wasserphontäne über ihn goss. Als sich jedoch nach 20 Minuten auch noch Hagelkörner zum Regen hinzugesellten war an ein Weiterfahren nicht mehr zu denken und es musste eine ungeplante Zwangspause eingelegt werden.
In der Zwischenzeit wurde von der Rennleitung die Aufgabe von weiteren 4 Fahrern gemeldet, wodurch sich nun nur mehr 7 Fahrer im Rennen befanden.
Der Erstplatzierte Josef Trchalik profitierte von dieser Wetterkapriole, da er aufgrund seines Vorsprunges dem Hagel entkommen konnte und seinen Vorsprung auf 1 Stunde und 40 Minuten ausbaute. Andreas hatte jedoch danach mit 2 Verfolger mit nur wenigen Minuten Rückstand zu kämpfen: Nach 723 RennkilometerMartin Kerekes (SVK) mit nur 7 Minuten und Patrik Bartik (CZ) mit 20 Minuten Rückstand. Um diese wieder auf Distanz zu halten, beschloss Andreas das derzeitige Tempo beizubehalten - die folgende Nacht jedoch ohne weitere Fahrtunterbrechung durchzufahren. Dies war insofern kein leichtes Unterfangen, da es die ganze Nacht hindurch nieselte und aufgrund der kalten Temparaturen von nur 11°C ein häufiger Trikotwechsel vernünftig gewesen wäre.
Die gewählte Strategie zeigte jedoch Wirkung und so vergrößerte sich bei Tagesanbruch nach 950km der Abstand zum Drittplatzierten auf beachtliche 2 Stunden. Der Abstand auf den Viertplatzierte Patrik Bartik konnte gar auf 4 Stunden vergrößert werden.
Überraschenderweise halbierte sich auch der Abstand zum Führenden Josef Trchalik auf nur mehr 51 Minuten. Diese Nachricht beflügelte Andreas neuerlich, da realistische Chancen bestanden diesen Rückstand auf den verbleibenden 300km aufzuholen.
Mit einer beeindruckenden Attacke über die letzten beiden größeren Anstiege von je 600 Höhenmeter gelang es bis 150km vor dem Ziel den Führenden bis auf 36 Minuten näher zu kommen. Aufgrund der kraftraubenden Fahrweise der letzten 15 Stunden war Andreas jedoch nicht mehr in der Lage sein Tempo bis ins Ziel zu halten.
So überquerte er schließlich am Samstag um 15:27 nach 52 Stunden und 25 Minuten - mit einem Rückstand von nur 49 Minuten auf den Sieger Josef Trchalik - die Ziellinie.
Nach der Zieldurchfahrt von Andreas wurde von der Rennleitung die Aufgabe von weiteren 2 Fahrern gemeldet.
Somit erreichten von den ursprünglich 15 gestarteten Fahrern lediglich 5 Fahrer das Ziel:
1. Platz: Josef Trchalik (CZ) (51Std.36min)
2. Platz: Andreas Dengler (AUT) (52Std.25min)
3. Platz: Martin Kerekes (SVK) (54Std.32min)
4. Platz: Patrik Bartik (CZ) (58Std.41min)
5. Platz: Lutz Nestler (D) (69Std.34min)
„Bei diesem Rennen auf das Stockerl zu fahren war mein erklärtes Ziel der diesjährigen Saison. Das erreichen des 2. Platzes übertraf jedoch selbst meine realistischen Einschätzungen, da die Erreignise eines solch langen Rennens nicht exakt vorhersehbar sind und das Training nur einen Teil des Erfolges ausmacht..
Bei dieser Gelegenheit möchte ich die grandiose Leistung meines Betreuerteams nicht unerwähnt lassen. Zu viert 52 Stunden beinahe schlaflos mit dem Auto einem Radfahrer hinterherzufahren wäre für viele schon ein unvorstellbares Unterfangen für sich. Dann aber noch meinen unmöglichsten Wünschen und Erwartungen während des Rennens zu entsprechen bedarf schon einer recht großen Portion Improvisationsbereitschaft und bedingungsloser Hingabe! Erst dadurch war dieser Erfolg überhaupt möglich!“ kommentierte Andreas.
Andreas und sein Team bewiesen wieder einmal, dass mentale Stärke ein wesentlicher Faktor für den erfolgreichen Abschluss solch eines Extremrennens ist.
Denn trotz der wiedrigen Wetterbedingungen und den daraus resultierenden Gelenksschmerzen sowie den durch die Kälte und Nässe ausgekühlten Körpers war ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Rennen für Andreas nie eine Option.